Die “nachhaltige” Laternenwerkstatt in der Sonnenblume


Die Laternenwerkstatt ist seit 2015 fest bei uns etabliert.
Was ist die Laternenwerkstatt

In unser alljährliches Laternenbasteln basteln wir mit wertfreien Verpackungsmaterialien wie z. B. leere Einwegflaschen und Milchtüten, Joghurtbecher, Eierkartons, Korken u. v. m., die sonst im Müll gelandet wären, zusammen mit den Kindern wunderschöne Kunstwerke. In Windeseile verändert sich unser Speisezimmer jeden Herbst in ein Kreativatelier. Nach der Motivfestlegung werden neben der Materialauswahl die Einzelheiten und die Besonderheiten der Laterne individuell mit den Kindern besprochen.

Die fantasievollen Ideen, insbesondere aber auch die genauen Vorstellungen der Kinder, wie ihre Laterne aussehen soll, überzeugen uns stets, die Wünsche und Ideen der Kinder in den Fokus zu nehmen. Jede einzelne der Laternen wird in einer 1:1 Situation gefertigt. Die Kinder erhalten in einer wertschätzenden Atmosphäre sehr viel Aufmerksamkeit und Zuwendung. Inspiriert von dem, was den Kindern wichtig ist, rankt um jede Laterne eine Bildungs- und Lerngeschichte. Ebenso bei Windlichtern, diversen Basteleien und Geschenken für Eltern kommen solche wertfreien Materialien bei uns zum Einsatz.

Anfänge der Laternenwerkstatt

Bevor die Kinder im Herbst mit ihren gebastelten Laternen am Martinsfest teilnehmen und singend durch die Straßen ziehen, steht das alljährliche Basteln der Laternen an. Wie in jedem Jahr sind wir bereits im Hochsommer mit der Planung und den Vorbereitungen beschäftigt. Wie sehr uns das Thema Martinslaternen immer schon beschäftigt hat, zeigt der nachfolgende Rückblick. Noch vor einigen Jahren war es üblich, dass jede Gruppe ein Laternenmodell fertigte. Bei der Entscheidung, welches Modell für welche Gruppe ausgewählt wurde, fanden ästhetische Überlegungen, möglichst ein Bezug zur Jahreszeit und/oder ein Motiv aus der Martins-legende Berücksichtigung. Nachvollziehbar, dass bei dieser Fülle von Gesichtspunkten, die berücksichtigt wurden, der pädagogische Anspruch, eine den Fähig- und Fertigkeiten der Kinder entsprechende Laterne zu fertigen, die sich an den Vorstellungen und Ideen der Kinder orientiert, keinerlei Berücksichtigung fand. Diese Vorgehensweise hatte zur Folge, dass bei einer viergruppigen Einrichtung, die wir seinerzeit noch waren, vier Modelle entsprechend der jeweiligen Gruppengröße gebastelt wurden. Beispielsweise 20 Igel-, 25 Sonnen- und 20 Gänselaternen. Dass es hier an Vielfalt, Ideenreichtum, Kreativität und Individualität fehlte, ist nachvollzieh-bar.

In den Folgejahren – mit dem Einzug der unter dreijährigen Kinder in unsere Kindertages-stätte „Sonnenblume“ – veränderten wir unsere Praxis dahingehend, dass wir bei der Auswahl der Laternen die stark differierenden Fähig- und Fertigkeiten der Kinder in einem Alter von einem Jahr bis zur Einschulung berücksichtigten. Die Konsequenz daraus war die, dass meist drei Modelllaternen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad und Anspruch, die gruppenübergreifend zum Einsatz kamen, vorgefertigt und im Rahmen von Eltern- und Kinder-Nachmittagen mit unserer Unterstützung gebastelt wurden. Auch diese Vorgehensweise hatte zur Folge, dass die Kinder sich nicht mit ihrer Martins-laterne identifizierten, größtenteils die Eltern für ihre Kinder bastelten und die pädagogischen Fachkräfte meist vergeblich versuchten, die Kinder zum Mit-Basteln zu motivieren.

Dies war die Vergangenheit!

Die Laternenwerkstatt heute

Unsere positiven Erfahrungen – insbesondere die bestätigenden Erlebnisse, die wir in den letzten Monaten in der Auseinandersetzung mit dem Thema Partizipation, der Mitbestim-mung und Mitgestaltung der Kinder im pädagogischen Alltag gewinnen durften – bestärkten uns, es zukünftig „anders“ zu machen. Uns war bei den Überlegungen wichtig, den Kindern bei der Entscheidung, welche Laterne sie basteln möchten, großmöglichsten Raum zu geben, sich partizipatorisch einzubringen.

Das Thema Partizipation stellt eine Querschnittsaufgabe dar. Regelmäßig diskutierten wir intensiv und konstruktiv, wie es uns gelingt, bestehende Möglichkeiten der Mitbestimmung und Mitgestaltung zu festigen und daran anknüpfend, den Kindern weiteren Mitgestaltungs- und Mitentscheidungsspielraum beispielsweise bei der Auswahl und Gestaltung „ihrer“ Martinslaterne ermöglichen können. Das Ergebnis unserer Erörterung ergab, dass wir uns von der Vorstellung, einen Bezug zur Jahreszeit und/oder ein Motiv aus der Martinslegende als Motiv für die Laternen zu wählen, verabschieden müssen, wenn wir die Ideen, Wünsche und Vorstellungen der Kinder konsequent verfolgen und umsetzen möchten. Eine Kollegin erklärte sich ohne Zögern bereit, gruppenübergreifend eine Laternenwerkstatt zu eröffnen. Die Bereitschaft weiterer gruppenübergreifender, pädagogischer Fachkräfte und selbstverständlich die zugesagte Unterstützung der Gruppenerzieherin bestätige uns in unserem Vorhaben.

Die Eltern wurden über unsere Pläne informiert und stellten uns wertfreies Material, wie leere Einwegflaschen und Milchtüten, Joghurtbecher, Eierkartons, Korken und vieles mehr zur Verfügung. In Windeseile veränderte sich unser Speisezimmer in ein Kreativatelier. Die fantasievollen Ideen, insbesondere aber auch die genauen Vorstellungen der Kinder, wie ihre Laterne aussehen soll, überzeugten uns schnell und bestätigten unsere Entscheidung, die Wünsche und Ideen der Kinder in den Fokus zu nehmen. Jede einzelne der ca. 100 Laternen wurde in einer 1:1 Situation gefertigt. Die Kinder erhielten in einer wertschätzenden Atmosphäre sehr viel Aufmerksamkeit und Zuwendung. Nach der Motivfestlegung wurden neben der Materialauswahl die Einzelheiten und die Besonderheiten der Laterne individuell mit den Kindern besprochen. Inspiriert von dem, was den Kindern wichtig war, rankt nunmehr um jede Laterne eine Bildungs- und Lerngeschichte. Dies spiegelte sich in den begleitenden Gesprächen, die häufig Anlass zur Sprachbildung waren, wider.

„Eine wütende Prinzessin mit einem roten Kopf, ein Polizei-Feuerwehr-Bagger mit Matsche und Wurm auf der Schaufel, eine „Polizei“ (Polizist), eine Ente, die nur nachts sieht und deshalb eine Sonnenbrille braucht, eine Katze mit Fell und eine Kreuzspinne mit Kreuz auf dem Bauch“  und vieles mehr zieren nunmehr kurz vor Schließung der Laternenwerkstatt nach fast sechs Wochen die Gruppenräume. Wir haben uns was getraut! Alle Kinder, Erzieher und die Eltern sind total begeistert und überzeugt. Die Vorfreude auf das nahende Martinsfest wächst. Wir sind sicher, dass wir auch in den nächsten Jahren unsere Laternenwerkstatt wieder öffnen, uns aber dann noch mehr Zeit nehmen werden, damit wir die einmaligen „Geschichten zur Laterne“ beispielsweise in einer Fotodokumentation festhalten können.


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